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Der Club der leichtsinnigen Anleger

28 Juli 2020

 

„Ich möchte keinem Club angehören, der mich als Mitglied akzeptiert”, Groucho Marx, US-amerikanischer Schauspieler und Komiker, 1949.

Die Covid-19-Krise hatte einen unerwarteten Nebeneffekt: Viele Menschen haben sich zum ersten Mal mit der Anlagewelt beschäftigt. Ich hätte sie gerne willkommen geheißen in unserem wachsenden „Club der langfristigen Anleger” für Menschen, die über einen längeren Zeitraum geduldig aber rentabel investieren. Nachdem ich etwas über ihr spekulatives Anlageverhalten gelesen habe, vermute ich aber, dass einige dem jüngst für Wagemutige gegründeten neuen „Club der leichtsinnigen Anleger” angehören.

Lag es an den schwachen Aktienkursen? Oder am wachsenden Bewusstsein dafür, dass die Zinsen für lange Zeit niedrig bleiben werden? Saßen die Leute während des Lockdowns gelangweilt auf ihren Sofas und suchten nach spannenderen Möglichkeiten, ihre Freizeit zu verbringen? Woran auch immer es lag, in Europa ist die Zahl der Kleinanleger in der Coronakrise gestiegen. Die Europäische Wertpapier- und Marktaufsichtsbehörde ist derart alarmiert, dass sie am 6. Mai eine öffentliche Erklärung veröffentlichte. Darin warnte sie Anleger davor, dass Investitionen riskant sein können und bat Anlagefirmen um ein verantwortungsvolles Geschäftsgebaren.

Förderung von Investitionen

Ich sollte mich über diesen Anstieg freuen. Als bekennender Anlageverfechter gehört es zu meinen Aufgaben, Menschen von Investitionen zu überzeugen. Wenn man mit Geduld an die Sache herangeht, kann man Kapital aufbauen, sich ein Polster für die Zukunft schaffen und der Wirtschaft Anlagekapital bereitstellen, was zur Schaffung von Arbeitsplätzen und Wohlstand beiträgt. Aus Abbildung 1 wird ersichtlich, das ich noch viel Missionsarbeit leisten muss. In den meisten europäischen Ländern investieren nur die wenigsten Haushalte.

Abbildung 1 – Die wenigsten europäischen Haushalte investieren (2017)

Anteil der Haushalte, die in Finanzprodukte jeglicher Art investieren

Anteil der Haushalte, die in Finanzprodukte jeglicher Art investieren

Quelle: Europäische Kommission – Vertriebswege der Anlageprodukte für Kleinanleger in der Europäischen Union (2018).

Ein junges Anlegerkontingent

Aber werfen wir einen Blick auf die Gruppe der neuen Anleger, die wir 2020 bei uns willkommen heißen. Erstens sind es sehr viele. Laut der französischen Finanzaufsichtsbehörde Autorité des Marchés Financiers (AMF) gab es in Frankreich allein im März 150.000 neue Aktienanleger1. In den Niederlanden meldet die größte Privatkundenbank des Landes ABN Amro, dass sich die Zahl der Personen, die ein Brokerkonto eröffnet haben, in den ersten fünf Monaten des Jahres 2020 gegenüber dem Vorjahr verdreifacht hat.2

Zweitens sind sie relativ jung. Wie aus Abbildung 2 ersichtlich wird, ist der durchschnittliche Anleger in der Regel zwischen 50 und 60 Jahre alt (55 Jahre, um genau zu sein). Die neuen Anleger des Jahres 2020 sind aber sehr viel jünger.

Laut dem größten niederländischen Online-Broker Binck Bank sind 45% der neuen Anleger zwischen 20 und 40 Jahre alt. In anderen Ländern sieht es ähnlich aus. Der AMF zufolge sind die neuen Anleger in diesem Jahr im Durchschnitt 10 bis 15 Jahre jünger als die üblichen Anleger.

Abbildung 2 – Altersstruktur der Anleger

Beispiel: Niederlande

Altersstruktur der Anleger

Quelle: Repräsentative Befragung niederländischer Anleger reiner Ausführungsgeschäfte durch Kantar, Oktober 2019

Drittens sind neue Anleger immer noch hauptsächlich männlich. Im Einklang mit der vorhandenen Anlegerschaft sind nur 20-25% der neuen Anleger weiblich.

Investieren, weil es spannend ist?

Die deutsche Finanzaufsichtsbehörde BaFin gibt etwas mehr Aufschluss über das Verhalten der neuen Anleger und verstärkt meine Befürchtung, dass viele von ihnen Ablenkung von der verordneten Langeweile suchen und keine ernsthaften langfristigen Anleger sind. Einer neuen Veröffentlichung zufolge3 kauften deutsche Kleinanleger während der Coronakrise hauptsächlich Folgendes:

  • Deutsche DAX-Aktien. Meiner Erfahrung nach konzentrieren sich einige Anleger nur auf namhafte Anlagen. Sie kaufen häufig Aktien, deren Kurs in letzter Zeit gefallen ist, wie etwa Wirecard. Daten von Binck Bank in den Niederlanden scheinen dies zu bestätigen. Sie zeigen, dass Anleger in der Coronakrise Aktien wie Royal Dutch Shell, die Fitnesskette Basic Fit und AirFrance KLM bevorzugten. Alle sind in der Krise stark gefallen. Derart konzentrierte Anlagen sind allerdings riskant – so wie Pferdewetten. Daten der AMF zeigen, dass sich die wöchentlichen Aktienkäufe gegenüber 2019 vervierfachten. Sie zeigen aber auch, dass sich die Verkäufe mehr als verdoppelten. Dies deutet auf sehr kurze Haltezeiten hin. Das erinnert an das berühmte Zitat von Warren Buffett: „Jemanden, der aktiv auf dem Markt handelt, als Anleger zu bezeichnen ist wie jemanden, der immer wieder One-Night-Stands hat, als romantisch zu bezeichnen.”
  • ETFs. Vor allem, wenn man ETFs als langfristige Anlage kauft, kann ich hierzu nur ermuntern, wenn die Kaufentscheidung wohlüberlegt ist und sowohl die möglichen Erträge als auch die Risiken der Anlage bedacht werden.
  • Certificates for Difference (CFDs). Hier wäre ich fast vom Stuhl gefallen. Für die, die es nicht wissen: CFDs sind hochspekulative Produkte, bei denen man darauf wettet, dass ein Wertpapier steigt oder fällt. Es handelt sich dabei um ein Investment-Casino mit einem astronomischen Hebel bis zu einem Faktor von 500! Der AMF zufolge erleiden 89% der CFD-Anleger über einen Zeitraum von vier Jahren Verluste4. Der durchschnittliche Verlust beläuft sich auf 10.877 EUR. Französischen Kleinanlegern ist ihr Kauf nicht umsonst untersagt und in anderen europäischen Ländern gibt es Vermarktungsbeschränkungen

Abbildung 3 – CFDs: Eine spannende Art, Geld zu verlieren?

Beispiel: Daten für Frankreich

CFDs: Eine spannende Art, Geld zu verlieren?

Quelle: Étude des résultats des investisseurs particuliers sur le trading de CFD et de Forex en France, AMF, Oktober 2014. Daten zu 14799 französischen Kunden, die zwischen 2009 und 2013 von unterschiedlichen Brokern mit einem gemeinsamen Marktanteil von 54% erfasst wurden.

Welchem Club sollte man beitreten?

Hoffentlich haben Sie bislang kein Interesse, dem Club der leichtsinnigen Anleger beizutreten. Wenn Sie ein Mitglied dieses Clubs kennen oder kennenlernen, dann erzählen Sie ihm oder ihr bitte von unserem Club der langfristigen Anleger. Es handelt sich um einen sehr viel erleseneren Club, dem Menschen angehören, die langfristig investieren und ihre Portfolios über verschiedene Anlageklassen, Unternehmen, Länder und Regionen diversifizieren. Die Mitglieder dieses Clubs sind kostenbewusst. Sie wissen, das Geduld wichtig ist. Der Club steht jedem offen. Auch Groucho Marx, wenn er heute noch leben würde und dazu bereit wäre, gegen seine Regel zu verstoßen. Es dauert allerdings viel länger, bis man aufgenommen wird.

1Quelle: Comportement des investisseurs particuliers pendant la crise COVID-19, AMF, April 2020.

2Quelle: Nieuwe belegger is jong en waaghals: 'Ik was gewoon aan het gokken', Financieel Dagblad, 10. Juli 2020.

3Quelle: Coronakrise treibt Verbraucher in Aktieninvestments, Bafin, 13. Mai 2020.

4Quelle: Entscheidung der AMF vom 1. August 2019 zur Beschränkung der Vermarktung, des Vertriebs und des Verkaufs von Contracts for Difference an Kleinanleger in Frankreich oder von Frankreich aus. AMF.

Wichtige Hinweise

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Diese Informationen stammen von VanEck (Europe) GmbH, die von der nach niederländischem Recht gegründeten und bei der niederländischen Finanzmarktaufsicht (AFM) registrierten Verwaltungsgesellschaft VanEck Asset Management B.V. zum Vertrieb der VanEck-Produkte in Europa bestellt wurde. Die VanEck (Europe) GmbH mit eingetragenem Sitz unter der Anschrift Kreuznacher Str. 30, 60486 Frankfurt, Deutschland, ist ein von der Bundesanstalt für Finanzdienstleistungsaufsicht (BaFin) beaufsichtigter Finanzdienstleister. Die Angaben sind nur dazu bestimmt, Anlegern allgemeine und vorläufige Informationen zu bieten, und sollten nicht als Anlage-, Rechts- oder Steuerberatung ausgelegt werden. Die VanEck (Europe) GmbH und ihre verbundenen und Tochterunternehmen (gemeinsam „VanEck“) übernehmen keine Haftung in Bezug auf Investitions-, Veräußerungs- oder Retentionsentscheidungen, die der Investor aufgrund dieser Informationen trifft. Die zum Ausdruck gebrachten Ansichten und Meinungen sind die des Autors bzw. der Autoren, aber nicht notwendigerweise die von VanEck. Die Meinungen sind zum Zeitpunkt der Veröffentlichung aktuell und können sich mit den Marktbedingungen ändern. Bestimmte enthaltene Aussagen können Hochrechnungen, Prognosen und andere zukunftsorientierte Aussagen darstellen, die keine tatsächlichen Ergebnisse widerspiegeln. Es wird angenommen, dass die von Dritten bereitgestellten Informationen zuverlässig sind. Diese Informationen wurden weder von unabhängigen Stellen auf ihre Korrektheit oder Vollständigkeit hin geprüft noch können sie garantiert werden. Alle genannten Indizes sind Kennzahlen für übliche Marktsektoren und Wertentwicklungen. Es ist nicht möglich, direkt in einen Index zu investieren.

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