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Systemische Risiken beflügeln Gold

14 Mai 2020

 

Gold und Goldaktien entwickelten sich im April sehr stark

Gold und Goldaktien erlebten einen erfolgreichen Monat: Sie holten alle ihre Verluste vom März wieder auf und markierten langfristige Hochs. Derweil die durch die Pandemie verursachte Panik an den Märkten nachlässt, versuchen die Anleger, Chancen und Risiken auszuloten. Die Unsicherheit nimmt derzeit Maße an, wie sie wohl nur noch denen bekannt ist, die sich an die große Depression und den Zweiten Weltkrieg erinnern. Anhaltend starke Zuflüsse in börsengehandelte mit Gold unterlegte Instrumente und eine hohe Nachfrage nach Münzen deuten darauf hin, dass sich sowohl institutionelle als auch private Anleger mit Gold eindecken, um es in unsicheren Zeiten als Wertanlage oder zur Absicherung zu halten. Am 9. April kletterte der Goldpreis um 40 USD je Unze, nachdem die U.S. Federal Reserve (Fed) ein beispielloses Programm zur Unterstützung von lokalen Verwaltungen sowie kleinen und mittleren Unternehmen im Umfang von 2,3 Billionen US-Dollar angekündigt hatte. Am 14. April erreichte der Preis für das Edelmetall mit 1747 USD je Unze ein neues Siebenjahreshoch und konsolidierte die Gewinne dann auf dem Niveau von 1700 USD. Gold schloss den Monat bei 1686 USD je Unze, immer noch ein Plus von 109 USD bzw. 6,9%.

Viele große Goldminenbetreiber trotzen dem Trend gestrichener Dividenden

In einem aktuellen Artikel aus dem Wall Street Journal heißt es: „Seit Jahresbeginn haben mehr Unternehmen ihre Dividenden ausgesetzt oder einkassiert als in den vergangenen zehn Jahren zusammen.“ Yamana Gold, Newmont und Kirkland Lake indes erhöhten mitten in dieser gewaltigen Krise ihre Dividende um 25%, 79% bzw. 100%.* Dabei mussten auch sie die Produktion in einigen ihrer Minen vorübergehend einstellen. Die drei Unternehmen stehen beispielhaft für die Finanz- und Ertragskraft der Goldbranche. Im April brach der NYSE Arca Gold Miners Net Total Return Index (GDMNTR)um 38,64% nach oben aus und erklomm ein Siebenjahreshoch. Die meisten Branchen kämpfen zwar mit Problemen, doch die Goldindustrie floriert ungeachtet von COVID-19-Protokollen und ruhenden Betrieben. Einer Schätzung von BofA Global Research zufolge waren am 13. April 11% der weltweiten Goldproduktion vorübergehend stillgelegt. Seither hat Mexiko Anordnungen zu Teilschließungen erlassen, wogegen Quebec, Argentinien, Neuseeland und Südafrika den Goldabbaugesellschaften eine Öffnung ihrer Betriebe ermöglicht haben. Wir gehen davon aus, dass von den übrigen Goldminen die meisten im Mai wieder öffnen dürfen.

Vier Faktoren treiben den säkularen Wandel

Gold birgt kein Gegenparteirisiko, sein Angebot ist begrenzt und bedarf keiner großen Lager. Außerdem wird es auch außerhalb des normalen Finanzsystems gehandelt und gilt weltweit als Wertanlage. Diese Eigenschaften machen es für Anlagen zu einem einzigartigen „sicheren Hafen“. Andererseits verfügen die Goldproduzenten über riesige Ressourcen, die in der Erde eingeschlossen sind und nur sie haben die Technologie sowie die Fertigkeiten, um es zu fördern und auf den Markt zu bringen. Während Gold und Goldaktien in hohem Maße handelbar sind, ist das Angebot im Vergleich zu Aktien, Anleihen und Devisen sehr überschaubar. Bereits eine relativ geringe Verschiebung der globalen Vermögensallokationen hat die Kraft, die Goldmärkte zu beflügeln. Unserer Ansicht nach hat diese langfristige Umschichtung bereits begonnen. Dahinter stehen vier systemische Risiken, nämlich Deflation, Verschuldung, Inflation und Vertrauensverlust:

1. Deflation

Die COVID-19-Pandemie ist ein monumentaler Deflationsschock und die Nachfrage nach nahezu allem ist sprichwörtlich über Nacht weggebrochen. Angesichts des dramatischen Einbruchs des globalen Bruttoinlandsprodukts droht bestenfalls „nur“ eine durchschnittliche Rezession. In der Zeit nach Ende des Zweiten Weltkriegs dauerte es Gluskin Sheffzufolge in einer Rezession durchschnittlich 13,6 Monate, bis der S&P 500seinen Tiefpunkt erreichte, wobei der Index im Mittel 29,0% verlor. Sollte es sich also um einen durchschnittlichen Abschwung handeln, dürfte die Talsohle erst im April 2021 erreicht werden. Allerdings gibt es unzählige Faktoren, die dafür sprechen, dass die Rezession aufgrund des deflationären Drucks länger dauern wird als im historischen Mittel. Hier sind nur einige unserer Bedenken:

  • In Demokratien haben viele noch nie einen staatlich verordneten Lockdown erlebt und Mitmenschen werden auf einmal mit Misstrauen beäugt. Ferner verängstigt die andauernde COVID-19-Medienberichterstattung viele Menschen. Daher könnten sich viele nach Aufhebung der Restriktionen mit Blick auf Wertanlagen und Konsum vorsichtiger und konservativer verhalten. Zumindest so lange, bis ein Impfstoff auf breiter Basis verfügbar ist – und vielleicht sogar noch viel länger. Unterdessen besteht die Gefahr weiterer Ausbruchswellen, die möglicherweise weitere Lockdowns nach sich ziehen werden.
  • Laut einer Umfrage des Wall Street Journal rechnen Ökonomen für Dezember mit einer Arbeitslosenquote von 10% in den USA, was auf eine anhaltende schwere Rezession hindeutet.
  • Der Internationale Währungsfonds (IMF) sagt für 2020 einen Rückgang des globalen BIP um 3% vorher. Während der globalen Finanzkrise schrumpfte es lediglich um 0,1%. Für 2021 erwartet der IMF zwar ein Wachstum, warnt aber vor überwiegenden Risiken einer schlechteren Entwicklung. Schließlich sehen sich viele Länder mit einer Krise konfrontiert, die unterschiedliche Formen annimmt: Schock für das Gesundheitswesen, Störungen der Wirtschafsaktivitäten, sinkende Auslandsnachfrage, Umkehrung der Kapitalströme und Verfall der Rohstoffpreise.

2. Verschuldung

Schulden sind bei einer Deflation immer ein Problem, eine übermäßige Verschuldung kann sich jedoch zu einer Krise auswachsen. Während Unternehmensschulden schon ein großes Problem sind, wird es bei Staatsschulden noch schlimmer. Nach Prognosen von Goldman Sachs werden die USA im aktuellen Jahr ein Haushaltsdefizit von 3,6 Bio. USD verbuchen, 2021 dürften es 2,4 Bio. USD sein. Gemeinsam mit dem bereits bestehenden Schuldenberg von 17,9 Bio. USD tendiert die Staatsverschuldung nun in Richtung von mehr als 100% des BIP. An diesem Punkt ist es für uns offensichtlich, dass der Staat möglicherweise nie in der Lage sein wird, das geschuldete Geld zurückzuzahlen. Liegt der Zinssatz bei 0%, kostet das Geld nichts und der Staat kann weiter Schulden anhäufen. Aus Furcht vor einem ruinösen Anstieg der Kosten für den Schuldendienst wird die Fed die Zinsen möglicherweise nie wieder anheben können. Wer ein Unternehmen besitzt oder einen privaten Haushalt führt, weiß natürlich sofort, dass dies langfristig nicht tragbar ist. Allerdings weiß niemand, ob die Situation so fortbestehen kann oder zum Scheitern verurteilt ist. Oder ob die Staatsverschuldung schließlich im Zuge eines Inflationszyklus abgebaut wird.

Gemäß Rosenberg Research hat sich die Unternehmensverschuldung in den USA in diesem Zyklus auf über 10 Bio. USD in etwa verdoppelt. Durch den Umsatzausfall während des Lockdown nehmen viele Betriebe jetzt noch mehr Schulden auf, indem sie Anleihen begeben, revolvierende Kreditlinien nutzen oder neue staatliche Kreditprogramme in Anspruch nehmen. Auf den Märkten für private Schuldtitel herrscht an allen Ecken und Enden ein hoher Druck:

  • Im laufenden Jahr stufte S&P Global Ratings bis zum 24. April 125 Unternehmen herauf und 1270 Firmen herab und schätzt, dass die Kreditausfälle von 340 Mrd. USD während der Finanzkrise übertroffen werden könnten.
  • Private Pensionskassen halten Unternehmensanleihen im Wert von knapp 1 Bio. USD in ihren Portfolios, einige staatliche und kommunale Vorsorgeeinrichtungen sind derzeit praktisch zahlungsunfähig.
  • Nach Angaben der US-Handelskammer könnten über 40% der Kleinunternehmen in den nächsten sechs Monaten für immer schließen.
  • Bloomberg News berichtet, dass sich Eigenheimfinanzierer auf die größte Ausfallwelle in der Geschichte einstellen, bei der bis zu 15 Millionen Hypotheken nicht mehr bedient werden können.

3. Inflation

Unserer Annahme nach wird die Wirtschaft auf absehbare Zeit unter deflationärem Druck stehen. Die Zentralbanken haben sich bereits jahrelang erfolglos bemüht, einen Anstieg der Löhne und Preise herbeizuführen. Ihre Geldpolitik blähte stattdessen nur die Preise von Vermögenswerten wie Aktien, Anleihen und Immobilien auf. Sollte die Wirtschaft dennoch irgendwann auf den gewohnten Wachstumspfad zurückkehren, könnte die Gleichgültigkeit gegenüber der Inflation zusammen mit den massiven Fördermaßnahmen im Zuge der Pandemie zu einer hohen Lohn- und Preisinflation sowie zu Vermögensblasen führen.

Die Welt führt einen Krieg gegen die Pandemie. Vergangene Kriege ließen die Inflation in den USA zweistellig steigen. Das Ende des Ersten Weltkriegs fiel auch mit dem Ausbruch der Spanischen Grippe zusammen:

Krieg Ende des Kriegs Inflationshöhepunkt/Jahr
Erster Weltkrieg 1918 24% / 1920
Zweiter Weltkrieg 1945 20% / 1947
Vietnamkrieg 1975 15% / 1980

Der Krieg gegen COVID-19 könnte in einen weiteren Zyklus unerwünschter Inflation münden.

4. Vertrauensverlust

Nach der Finanzkrise verfolgten die USA eine unkonventionelle Finanz- und Geldpolitik: Die Haushaltsdefizite beliefen sich auf Billionenhöhe, die quantitative Lockerung (QE) wurde eingeführt und der Zinssatz wurde auf 0% gesenkt. Der Versuch, diese außerordentlichen Maßnahmen während der Expansion zurückzuführen, scheiterte indes. Heute ist die quantitative Lockerung unbegrenzt, Rettungsprogramme wurden für alle Bereiche des Schuldenmarktes aufgelegt und das Haushaltsdefizit wird noch höhere Billionensummen erreichen. Die Finanz- und Geldpolitik ist somit nicht mehr nur unkonventionell, mittlerweile ist sie sogar gefährlich geworden. Wir räumen ein, dass eine massive Antwort auf den Lockdown notwendig war. Allerdings ist das Finanzsystem nach den Rekorddefiziten in Friedenszeiten und durch die aufgeblähte Zentralbankbilanz nun äußerst instabil.

Nach dem Zweiten Weltkrieg schaffte das Bretton-Woods-Abkommen eine globale Währungsordnung, unter der ausländische Regierungen ihre US-Dollar in Gold umwandeln konnten. Das Bretton-Woods-System wurde 1971 beendet, als die USA hohe Ausgaben für Sozialprogramme tätigten und den Vietnamkrieg finanzieren mussten. Einige Länder verloren das Vertrauen in den US-Dollar und forderten mehr Gold, als die USA bereitstellen wollten. Daraufhin wurde das „Goldfenster“ geschlossen und das derzeitige System mit Fiat-Geld und frei beweglichen Wechselkursen eingeführt. Das Fiat-Währungssystem wird nun durch die zügellose quantitative Lockerung und die staatliche Schuldenaufnahme in den Ruin getrieben. Unseres Erachtens könnte die Fed kurz davor stehen, Geld direkt an das Finanzministerium auszugeben, damit es die Ausgaben und den Schuldendienst finanzieren kann. Gleich ob man es Monetarisierung, Hubschraubergeld oder moderne Geldtheorie nennt, noch hat kein Finanzsystem eine solche Währungsabwertung überlebt. Wenn Anleger und das Ausland das Vertrauen in das auf dem US-Dollar basierende System verlieren, ist es an der Zeit für ein neues Bretton Woods, für eine neue globale Währungsordnung. Gold wäre die letzte noch verbleibende Währung.

Alle Gewichtungen von Unternehmen, Sektoren und Unterbranchen beziehen sich auf den 30. April 2020, sofern nicht anders angegeben.

* Quelle: Unternehmensberichte. Stand der Daten: 30. April 2020. Bitte beachten Sie, dass diese Unternehmen einen wesentlichen Teil des Portfolios eines VanEck-Fonds ausmachen können. Dies stellt keine Empfehlung zum Kauf oder Verkauf der Wertpapiere dar.

1Der NYSE Arca Gold Miners Index (GDMNTR) ist ein modifizierter marktgewichteter Index mit börsennotierten Unternehmen, die sich auf den Abbau von Gold konzentrieren.

2Der unabhängige kanadische Vermögensverwalter Gluskin Sheff + Associates Inc. verwaltet Anlageportfolios für vermögende Privatanleger, Unternehmer, professionelle Anleger, Family Trusts, private gemeinnützige Stiftungen und Nachlässe.

3S&P 500® ist ein marktgewichteter Index von 500 US-Werten aus einem breiten Spektrum von Branchen.

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